Medienmitteilung 19. Februar 2025

Stellungnahme Grünes Gallustal und Naturschutzverein zur Neugestaltung von Marktplatz und Bohl

Projekt anpassen, zwei grosse Platanen erhalten

 

Noch bis morgen Donnerstag, 20. Februar, liegen in St.Gallen die Pläne zur Neugestaltung von Marktplatz und Bohl öffentlich auf. Lokale Natur- und Umweltverbände anerkennen die Bemühungen der Stadt, in Zusammenhang mit dem Projekt möglichst viele Bäume zu erhalten und möglichst viele neue Bäume zu pflanzen. Für sie bleibt ein Wermutstropfen, dass zwei der grössten Platanen auf dem Marktplatz dem Projekt zum Opfer fallen werden. 

 

 

Der Verein Grünes Gallustal sowie der Naturschutzverein Stadt St.Gallen und Umgebung (NVS) haben sich mehrfach gegenüber der Stadt und öffentlich zur Thematik der Bäume auf Marktplatz und Bohl geäussert. Sie haben sich in Zusammenhang mit der laufenden öffentlichen Auflage der Pläne erneut mit einer Stellungnahme bei der Stadt gemeldet. Bei einer Aussprache, zu der die Bauverwaltung eingeladen hatte, erläuterten deren Verantwortliche die Sachzwänge, die aus ihrer Sicht die Fällung der grossen Platanen Nummer 12 und 13 unumgänglich machen.

 

Verbände anerkennen Bemühungen für mehr Ökologie

Die zwei lokalen Natur- und Umweltverbände anerkennen ausdrücklich die Bemühungen der Stadt, in Zusammenhang mit dem Marktplatzprojekt den bereits vorhandenen Baumbestand möglichst zu erhalten und im Rahmen der Neugestaltung möglichst viele neue Bäume zu pflanzen. Sie sind erfreut, dass die Ende 2023 umkämpfte Platane Nummer 11, die Linde Nummer 17 und die Platane Nummer 10 entgegen den ersten Plänen nun doch stehen bleiben können. Die Verbände haben zudem Verständnis dafür, dass drei kleinere Bäume entlang der Marktgasse gefällt werden sollen.

Ausdrücklich anerkennen die zwei Verbände auch die Bemühungen der Stadt für eine ökologische Aufwertung von Marktplatz und Bohl. Dazu zählen beispielsweise die grossen Baumgruben mit einem Volumen von bis zu 25 Kubikmetern für die neu zu pflanzenden Bäume. Dazu zählt aber auch die mehrheitlich ungebundene Pflästerung der zentralen städtischen Freifläche, die ein Versickern von Regenwasser zulassen soll, was unter anderem ebenfalls den auf Marktplatz und Bohl stehenden Bäumen zu Gute kommen wird.

 

Wermutstropfen: Zwei der drei grössten Bäume müssen weichen 

Angesichts des Klimawandels werden grosse Bäume für die Lebensqualität in der Stadt immer wichtiger. Das gilt auch für die Gallusstadt. Für den Verein Grünes Gallustal sowie den Naturschutzverein Stadt St.Gallen und Umgebung (NVS) bleibt die Fällung zweier der grössten Bäume auf dem Marktplatz in Zusammenhang mit der Neugestaltung ein empfindlicher Schönheitsfehler. Sie zu erhalten, dürfte zwei Projektanpassungen nötig machen. Angesichts der Bedeutung grosser Bäume lohnt sich die Prüfung dieser Massnahmen aus Sicht der Verbände aber.

Die Baumkronen der beiden vitalen und prächtigen Platanen weisen insgesamt ein Volumen von über 2’000 Kubikmeter auf. Beide Bäume wurden 1951 neu gepflanzt, sie sind also knapp 75 Jahre alt. Die Krone der Platane Nummer 12 deckt 155 Quadratmeter Platzfläche ab; sie ist damit der grösste Baum auf dem Marktplatz. Die Platane Nummer 13 beschattet 112 Quadratmeter Platzfläche und figuriert damit auf der «Baumrangliste» für Marktplatz und Bohl auf Platz drei. Beide Bäume werden von den Fachleuten der Stadt als «erhaltenswert» eingestuft.

 

Platanen sollten Vorrang haben

Für die Natur- und Umweltverbände spricht alles dafür, nach Lösungen für den Erhalt der beiden grossen Platanen zu suchen. Dies auch, wenn dies Eingriffe ins Neugestaltungsprojekt für Marktplatz und Bohl nötig macht. Es ist ihrer Meinung nach heute nämlich ungewiss, ob junge Ersatzbäume an einer urbanen Hitzelage wie dem Marktplatz jemals wieder die Grösse dieser beiden Bäume erreichen werden. Und wenn das doch der Fall wäre, vergingen immer noch viele Jahrzehnte, bis sie die heutigen Funktionen der hier stehenden grossen Platanen übernehmen könnten. Der seit November 2024 geltende erweiterte Baumschutz hat am Marktplatz ganz besondere Relevanz.

Die eine grosse Platane soll dem neuen Marktpavillon weichen, die Fällung der anderen grossen Platane wird mit dem Bau eines Retentionsbeckens unter der Marktgasse  fürs Konzept der Schwammstadt begründet. Die beiden Natur- und Umweltverbände haben den Verantwortlichen der Stadt vorgeschlagen, den Marktpavillon, insbesondere dessen Dach, zugunsten der Platane Nummer 12 zu verschlanken. Sie glauben zudem, dass mit Rücksicht auf Platane Nummer 13 das unterirdische Retentionsbecken entweder redimensioniert oder ganz darauf verzichtet werden sollte.

 

Pavillon verschlanken

Im Siegerprojekt von 2018 für die Marktplatzgestaltung, das auch Grundlage für die Volksabstimmung war, sei der Marktpavillon schlanker gewesen, stellen der Verein Grünes Gallustal sowie der Naturschutzverein Stadt St.Gallen und Umgebung (NVS) fest. Die Platane Nummer 12 habe daneben noch genügend Platz gehabt. Die Verbände sehen keinen zwingenden Grund, weshalb der Neubau nun unbedingt so gross sowie dessen Dach so ausladenden und hoch sein müsste. 

Um die 74 Jahre alte Platane Nummer 12 zu respektieren, müsse der Neubau nur leicht verschlankt werden, heisst es in der Stellungnahme der Verbände. Das habe den Vorteil, dass er auch noch dem vom Stimmvolk gutgeheissenen Projekt und den Raumverhältnissen auf dem Markplatz besser entsprechen würde. Eine andere Lösung sei eine Umgestaltung: Mit einem Loch im neu gestalteten Pavillondach könne Platz für die Platane geschaffen werden. Ein Beispiel für diese Bauweise existiert am Limmatplatz in Zürich. 

 

Retentionsbecken redimensionieren oder hinterfragen

Auch die Planung mit dem Retentionsbecken, die der Platane 13 zum Verhängnis werden soll, muss nach Meinung der beiden Verbände hinterfragt werden. Ein so grosser und gesunder Baum wirke auf seine Umgebung wie eine Klimaanlage. Darauf habe die Stadt selber am Beispiel dieses Baums im Sommer 2020 mit einer Schrifttafel hingewiesen. Das Umhauen einer solchen Platane zugunsten eines ökologischen Vorhabens sei widersinnig. Das entspreche auch nicht den Ansprüchen an das Konzept der Schwammstadt, mit der Auswirkungen des Klimawandels abgefedert werden sollen. 

Der Bau der Retentionsanlage mit Wassertank fürs Wasserspiel müsse überprüft werden. Wenn es nicht möglich sei, sie mit vernünftigen Kostenfolgen leicht die Marktgasse hinauf zu verschieben, etwas zu kürzen und als Volumenausgleich etwas zu vertiefen, müsse sie grundsätzlich hinterfragt werden, finden die Natur- und Umweltverbände. Bereits jetzt ist der Marktplatzuntergrund dicht mit technischen Anlagen und Werkleitungen bestückt. In einer Interessenabwägung zwischen dem hier stehenden Baum und einer neuen technischen Anlage sollte für die beiden lokalen Verbände die gut elf Meter hohe Platane Nummer 13 Vorrang haben.

 

 

 

Kontakt für Medienfragen:

Regula Geisser (Vorstandsmitglied Verein Grünes Gallustal), 071'246’60’12 oder 079'743’57’60

 

Interviewpartnerin elektronische Medien:

Aurelia Winter (Architektin Team Grünes Gallustal), 071’246’60’18

Bild 1 (im Mail mit der Medienmitteilung)

Die Platane Nummer 13 steht seit 74 Jahren zwischen Rondelle und unterer Marktgasse auf dem Marktplatz. Und der drittgrösste Baum auf dem Platz könnte dies noch weitere Jahrzehnte tun.


Bild 2 (im zweiten Mail)

Protestplakate machen seit Beginn der öffentlichen Auflage der Marktplatzpläne auf das den Platanen 12 (im Bild am 18.2.2025) und 13 drohende Schicksal aufmerksam.


Plan 3 (im zweiten Mail)

Die Baumsituation auf dem Marktplatz gemäss dem aktuellen Planungsstand für dessen Neugestaltung.


Bild 4 (im zweiten Mail)

Die grossen Bäume auf dem Marktplatz sind in Hitzesommern die beste Klimaanlage für die zentrale Freifläche der Stadt St.Gallen. Darauf hat die Stadt selber im August 2020 an der Platane Nummer 13 aufmerksam gemacht.


Plan 5 (im zweiten Mail)

Der bis Donnerstag, 20. Februar, öffentlich aufliegende Plan für den zweiteiligen Pavillon mit gemeinsamem Dach auf dem Marktplatz. Rot sind zusätzlich die Umrisse des Daches sowie die Platanen 12 und 13 eingezeichnet.



Medienmitteilung zur freien Verwendung, St.Gallen, 14.11.2023

Positionspapier zum Marktplatzprojekt

Stadtentwicklung: Der Naturschutzverein Stadt St.Gallen und Umgebung (NVS) äussert mit einem Positionspapier Bedenken zu geplanten Baumfällungen am Marktplatz und Bohl


Fazit am Schluss: Der Stadtrat beschloss die Platane nicht zu fällen.


St.Gallen, 14.11.23

 

Umweltverbände zur umstrittenen Fällung einer Platane auf dem St.Galler Marktplatz Keine vollendeten Tatsachen schaffen, Denkpause einschalten und Kompromiss suchen.

 

Für eine Fernwärmeleitung wollen die St.Galler Stadtwerke eine Platane auf dem Marktplatz fällen. Das hat Opposition ausgelöst. Ein erster Fällversuch ist am Montag gescheitert. Der Naturschutzverein Stadt St.Gallen, der WWF und «Grünes Gallustal» rufen den Stadtrat zu einer Denkpause auf. Sie schlagen vor, dass die Fällung des Baums sistiert wird. Die städtischen Baufachleute sollen im Gespräch mit den Baumfachleuten der Verbände einen Kompromiss suchen, der dem gesunden Baum mindestens eine Überlebenschance gibt.

 

Die St.Galler Stadtwerke sind damit beschäftigt auf dem Marktplatz Gräben für eine Leitung der Fernwärme auszuheben. In dem Zusammenhang soll eine gesunde Platane zwischen den obersten Ständen des ständigen Marktes gefällt werden. Dies, weil die Fernwärmeleitung so nahe am Baum vorbeigeführt wird, dass sein Wurzelwerk irreparablen Schaden nehmen würde. Dies lässt sich gemäss bisherigem Standpunkt der Stadt nicht vermeiden, weil man dem Neubau der neuen Bibliothek mit den Leitungen nicht zu nahe kommen will. Der Baum müsse zudem im Zuge der Marktplatz-Neugestaltung sowieso gefällt werden, heisst es.

 


Ein Kompromiss ist möglich

Ein Kompromiss scheint für die Umweltverbände möglich. Dafür muss die Leitung minimal vom Baum zur Blumenmarkttreppe verschoben werden. Dies so weit, dass die Baumwurzeln geschützt sind und die Fernwärmeleitung genügend Platz hat. Die Massnahme macht unabhängig davon Sinn, ob der Bibliotheksneubau auf dem Blumenmarkt dereinst kommt oder nicht. Für einen Kompromiss ist der Baumschutz während der Bauphase sicherzustellen.

 

In Betracht fallen Wurzelvorhänge, Rühlwände oder auch das Kappen einzelner Wurzeln durch Spezialisten. Zudem wäre die Fernwärmeleitung mit einem Betonriegel zu schützen. Für Gespräche und eine Projektanpassung bleibt nach Meinung der Umweltverbände genügend Zeit. Die Grabarbeiten entlang der obersten beiden Stände des ständigen Marktes sollen erst im Januar in Angriff genommen werden. 

Voraussetzung für den angestrebten Kompromiss ist allerdings, dass die gesunde Platane diese oder kommende Woche nicht voreilig gefällt wird. Das würde vollendete Tatsachen schaffen. Falls zwingende Gründe dem Erhalt des Baumes entgegenstehen, bliebe immer noch genügend Zeit für eine Fällung vor dem Start der Bauarbeiten.

 

Grosse Bäume sind «ökologisches Kapital» für die Zukunft

Die vorgesehene Fällung der Platane und weiterer Bäume im Rahmen der Marktplatzentwicklung sind nicht in Stein gemeisselt. Die Planungen sehen im Moment vor, acht Bäume für die Neugestaltung zu fällen. Die Umweltverbände setzen sich dafür ein, dass dies nicht geschieht. Zu diesem Thema hat der Naturschutzverein Stadt St.Gallen und Umgebung (NVS) dem Stadtrat am Montag ein umfangreiches Positionspapier übergeben, in dem die Argumente für den Erhalt all dieser Bäume aufgelistet werden.

Der Erhalt von Bäumen ist den Schutzverbänden ein Anliegen. Dies, weil das Pflanzen junger Bäume an Orten wie dem Marktplatz angesichts der zunehmenden Zahl von Hitzetagen und Trockenheit immer schwieriger und aufwendiger wird. Ersatzpflanzungen benötigen Jahrzehnte, um den gleichen ökologischen Wert und die gleiche Wirkung gegen innerstädtische Hitzeinseln zu entwickeln, die grosse Bäume haben. Deshalb ist es angezeigt, gut zu überlegen, bevor die Motorsäge gestartet wird. Ein wenig Demut vor Bäumen, die älter sind als die meisten unter uns, ist nicht verkehrt.

 

Auskunftspersonen

Regula Geisser, «Grünes Gallustal», 071 246 60 12 (ab 16 Uhr)

Lukas Indermaur, WWF St.Gallen, 079 757 91 43

Magdalena Fässler, Naturschutzverein Stadt St.Gallen und Umgebung (NVS), 077 436 58 42


Medienmitteilung NVS, St.Gallen, 13.11.2023

Der Stadtrat hat im August 2023 entschieden, dass das in der Mitwirkung vorgestellte Vorprojekt «Neugestaltung Marktplatz und Bohl» weiterbearbeitet wird. In Anbetracht des nun veröffentlichten Mitwirkungsberichts äussert sich der NVS in Form eines Positionspapiers, um auf die Problematik der vorgesehenen Baumsetzungen und Baumfällungen hinzuweisen.

 

Das ursprünglich angedachte Wettbewerbsprojekt wies mehr und besser gesetzte Bäume beim Marktplatz auf. Mit dem nun gewählten Projekt für Marktplatz und Bohl sollen entlang des Marktplatzes und der Marktgasse acht alte und gesunde Bäume gefällt werden. Dabei handelt es sich zum Teil um sehr alte Bäume. Dies widerspricht vehement dem Bestreben, den Hitzeinseln in der Innenstadt entgegenzuwirken. Die Baumfällungen reduzieren wichtige Schattenplätze. Der Marktplatz ist eine der vielen Hitzeinseln entlang der St. Galler Talsohle, trotz des aktuellen alten Baumbestandes.

 

Knapp die Hälfte aller Bäume in St. Gallen haben einen Stammumfang von maximal 80 Zentimetern. Der Erhalt des älteren Baumbestands ist deshalb besonders wichtig für die Biodiversität und Klimaanpassung. Die vorgesehenen Ersatzpflanzungen sind aufgrund der anspruchsvollen Bedingungen am Marktplatz und Bohl längerfristig nicht gesichert, wie das Beispiel der degenerierten NVS-Linde im Dreieck Post Brühltor, Waaghaus, Coop sichtbar zeigt. Wie dieser Baum kämpfen auch viele andere innerstädtische Jungbäume gegen Hitze und Trockenheit.

 

Der NVS stellt die geplante Rodung von gesunden alten Bäumen in Frage, denn Jungbäume ersetzen alte erst nach vielen Jahren, wenn sie in den heissen und trockenen Sommern überhaupt eine Überlebenschance haben. Die Folge sind leere und graue Plätze, denn der Baumkronenverlust ist wahrscheinlich während Jahrzehnten nicht mehr wettzumachen. Wie in Archivfotos zu sehen ist, präsentierte sich der Marktplatz früher wesentlich grüner und einladender.

 

Aus all diesen Gründen empfiehlt der NVS, die Baumsetzungen und Baumfällungen bei der Erarbeitung des Bauprojekts nochmals zu überdenken.